Kritische Entwicklungen bei großen Unternehmen
SOS Kugellagerstadt: Zukunft für Industriearbeit in Schweinfurt!

Die Industriearbeit in der Region Schweinfurt-Main-Rhön steht an einem sehr kritischen Punkt. Wenn wir jetzt nicht gemeinsam dagegenhalten, verschwinden Tausende Arbeitsplätze unwiederbringlich. Aus diesem Grund macht die IG Metall unter dem Motto „SOS Kugellagerstadt“ mobil.

8. März 20248. 3. 2024


„Die Industriearbeit sorgt für Wohlstand und Attraktivität in der gesamten Region Schweinfurt-Main-Rhön – und das muss so bleiben“, betont Thomas Höhn, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Schweinfurt. Die aktuellen Entwicklungen aber könnten große Auswirkungen auf die Beschäftigung in der Region haben und sogar so weit führen, dass sie ihren industriellen Kern verliert.

Angespannte Situation in den Betrieben

Am ZF-Standort in Schweinfurt könnte es nach Einschätzung von Betriebsrat und IG Metall zu einem tröpfchenweisen Abbau von insgesamt mehr als 2.000 Arbeitsplätzen kommen. Die Nachfrage nach Altprodukten zum Beispiel Automatikgetrieben wird durch die Transformation hin zur Elektromobilität sukzessive kleiner werden. Und auch wenn das Unternehmen in der Öffentlichkeit Investitionen am Standort Deutschland beteuert, plant der Konzern nach Informationen von IG Metall und Betriebsrat eine erhebliche Verschiebung der Wertschöpfung im Bereich der Elektromobilität nach Osteuropa. „Legt man alle Informationen übereinander, wird deutlich, dass sich ZF im Bereich der Elektromobilität aus der Fertigung in Deutschland massiv zurückziehen will“, sagt Thomas Höhn, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Schweinfurt.

Bei SKF ist die Lage am Standort Schweinfurt angespannt. In den vergangenen 18 Monaten wurden bereits 500 Arbeitsplätze sozialverträglich abgebaut. Diese Arbeitsplätze sind für die Region bereits verloren. Wegen struktureller Veränderungen, aber auch der schwierigen Auftragslage vor allem im Bereich der Windkraft, beeinflusst durch politische Rahmenbedingungen, ist für 2024 ein Überhang von 200 Beschäftigten prognostiziert, für 2025 von weiteren 200 Beschäftigten.

Schaeffler, obwohl momentan ohne konkrete Abbaupläne, steht am Standort Schweinfurt ebenfalls vor der Herausforderung, in einem sich schnell wandelnden Marktumfeld zu investieren und Arbeitsplätze zu sichern. Die Auftragslage geht zurück, neue Zukunftsprodukte müssen auf auslaufende folgen.

Wie die Werksleitung von Bosch Rexroth den Beschäftigten Mitte März mitgeteilt hat, sollen bis spätestens Ende 2028 bis zu 240 Stellen sozialverträglich abgebaut werden. Die Ankündigung beinhaltete auch, dass der Standort Schweinfurt mit Werksteil Volkach als Leitwerk im Bereich Lineartechnik neu aufgestellt werden und ein neues Kunden- und Innnovationszentrum erhalten soll. Der Betriebsratsvorsitzende Sebastian Schierling betont: „Wir setzen uns jetzt für Investitionen und Produktinnovationen ein, welche dafür Sorge tragen, dass die Arbeitsplätze für den Standort Schweinfurt und Volkach erhalten bleiben.“

Riesiges Problem für die Region

Die IG Metall Schweinfurt verlangt von den Unternehmen ein klares Bekenntnis zu den Traditionsstandorten und die Ansiedlung von Zukunftsprodukten. „Verschiebungen von Fertigung in Niedriglohnländer lösen vielleicht Kostenprobleme, sind für unsere Region aber ein riesiges Problem“, sagt Thomas Höhn von der IG Metall. Der Strukturwandel in der Automobilzuliefererindustrie, im Maschinenbau, in der Windkraftindustrie lässt sich nur im Schulterschluss mit den Beschäftigten gestalten. „Und für die Politik muss ganz klar gelten: massive Investitionen statt Kaputtsparen unseres Landes. Die Schuldenbremse ist in ihrer jetzigen Form eine Zukunftsbremse und muss unbedingt reformiert werden.“ Um Bürger und Betriebe zu entlasten, braucht es zudem dringend faire und verlässliche Energiepreise.

Schweinfurt hat das fünfthöchste Bruttoinlandsprodukt pro Kopf (2022) und mit über 46.000 Einpendelnden aus den umliegenden Landkreisen eine sehr hohe Quote im Vergleich zur Einwohnerzahl (rund 54.000). In der Stadt waren laut amtlicher Statistik 2020 insgesamt 52.891 Personen sozialversicherungspflichtig beschäftigt, fast so viele wie Schweinfurt Einwohner hat, davon allein 26.576 im produzierenden Gewerbe. All diese Zahlen verdeutlichen, welche Auswirkungen ein Verlust von Industriearbeitsplätzen in Schweinfurt auf die gesamte Region hätte. Von diesen Auswirkungen, von einer schwindenden Kaufkraft wären auch das Handwerk, der Einzelhandel oder Dienstleistungsbranchen massiv betroffen.

„Wir müssen jetzt gemeinsam handeln“

Wie schnell Verlängerungspläne in die Realität umgesetzt werden, zeigt das traurige Beispiel von Automobilzulieferer Valeo in Bad Neustadt an der Saale: Bis Ende Juni 2024 werden 310 der 510 Valeo-Beschäftigten im Elektromotorenwerk Bad Neustadt an der Saale ihren Job verlieren. Die Produktion wird in das polnische Czechowice-Dziedzice südlich von Kattowitz verlagert. Der Anfang Februar beschlossene Interessensausgleich sieht zudem die Stilllegung des Musterbaus sowie weiterer Bereiche vor. Eine eindeutige Bestandsgarantie für die verbleibenden Bereiche am Standort Bad Neustadt hat die Valeo-Geschäftsführung nicht gemacht – zu befürchten sind weitere Maßnahmen.

 „Wir dürfen es in Schweinfurt nicht so weit kommen lassen“, sagt Thomas Höhn, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Schweinfurt. „Deshalb fordern wir Politik und Unternehmen auf, ihrer Verantwortung für die Region nachzukommen. Jetzt zählt es. Jetzt müssen wir gemeinsam handeln.“ Darauf wird die IG Metall unter dem Motto „SOS Kugellagerstadt: Zukunft für Industriearbeit in Schweinfurt“ im öffentlichen Raum aufmerksam machen. Das haben die Delegierten aus den Betrieben auf einer Versammlung der IG Metall Schweinfurt diskutiert. Dabei wurde deutlich, wie schwierig die momentane Situation in den Betrieben ist und wie sehr ein entschlossenes, gemeinsames Handeln gefragt ist.

SOS Kugellagerstadt

Zukunft für Industriearbeit in Schweinfurt

Die Industriearbeit in der Region Schweinfurt-Main-Rhön steht an einem sehr kritischen Punkt. Wenn wir jetzt nicht gemeinsam dagegenhalten, verschwinden Tausende Arbeitsplätze unwiederbringlich. Aus diesem Grund macht die IG Metall Schweinfurt unter dem Motto „SOS Kugellagerstadt“ mobil.